Die erste Sitzung des am 06. März 2016 von den Bürgerinnen und Bürgern neu gewählten Vogelsberger Kreistages ist für mich Anlass, auf meine Arbeit der letzten vier Jahr zurückzublicken und auch eine persönliche Bilanz zu ziehen:
Meine Amtszeit als hauptamtlicher Erster Kreisbeigeordneter begann am 01.07.2012. Zu diesem Zeitpunkt wurde mir das Dezernat II, bestehend aus dem Schulverwaltungsamt, dem Amt für Volkshochschule, dem Amt für Jugend, Familie und Sport sowie dem Amt für Gebäudemanagement übertragen. Daneben obliegt dem ersten Kreisbeigeordneten die allgemeine Abwesenheitsvertretung des Landrates.
Am 28.04.2016 hat mir Landrat Görig die Zuständigkeit für das Dezernat II mit Wirkung zum 29.04.2016 entzogen. Nunmehr bin ich lediglich allgemeiner Abwesenheitsvertreter des Landrates.
Aufgrund der veränderten Mehrheitsverhältnisse im Kreistag wird es in der Wahlperiode 2016 bis 2021 eine Koalition aus CDU und SPD geben. Im Koalitionsvertrag ist festgeschrieben, dass ich gem. § 49 Abs. 2 HKO von meinem Amt als erstem Kreisbeigeordneten vorzeitig abberufen werden soll. Der Zeitplan hierzu sieht vor, dass der Kreistag voraussichtlich am 07.06.2016 zum ersten Mal und am 08.07.2016 dann zum finalen zweiten Mal meine vorzeitige Abberufung beschließen soll.
Das Amt des hauptamtlichen Ersten Kreisbeigeordneten soll dann mit einer Person, welche der CDU angehört – voraussichtlich wird dies wohl Herr Dr. Jens Mischak sein – besetzt werden.
In den vier Jahren meiner Amtszeit habe ich viel bewegen und für die Menschen im Vogelsbergkreis bewirken können. Hier ein Überblick gegliedert nach den Ämtern meiner Zuständigkeit:
Jugendamt
Im Bereich der Jugendhilfe gab es einen Paradigmenwechsel. Als ich das Amt des Jugenddezernenten übernommen hatte, fand ich ein Jugendamt vor, welches besonders im Bereich des Allgemeinen Sozialen Dienstes personell stark unterbesetzt war. Daneben gab es im Kreis fasst keine vorbeugenden, also präventiven Angebote in der Jugendhilfe. Dies führte dazu, dass der Landesrechnungshof in verschiedenen Prüfungen feststellte, dass der Vogelsbergkreis hier im Vergleich zu andern Landkreisen sehr schlecht abschnitt. Die Ausgaben für die Jugendhilfe im Vergleich zur Zahl der Jugendlichen lag wesentlich höher als in anderen Kreisen. Dieses Bild wurde auch durch den Vergleichsring des Hessischen Landkreistages, welchem wir in 2014 beigetreten waren, bestätigt.
Im Januar 2013 begann ein sehr ambitionierter Veränderungsprozess, an dem sich sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch die freien Träger der Jugendhilfe sehr aktiv eingebracht haben. Im Einzelnen wurde Folgendes umgesetzt:
- Organisationsentwicklungsprozess innerhalb des Jugendamtes gestartet.
- Aufnahme und Beschreibung aller Prozesse im Jugendamt.
- Diverse personelle Maßnahmen, darunter vier neue und zusätzliche Stellen für den ASD.
- Spezialisierung der Trennungs- und Scheidungsberatung.
- Aufteilung des Sozialen Dienstes in einen allgemeinen (ASD) und einen besonderen Sozialen Dienst (BSD).
- Verabschiedung und erste Fortschreibung einer Satzung für die Kindertagespflege.
- Massive Ausweitung der Frühen Hilfen.
- Kreisweites Angebot der Schulbezogenen Jugendsozialarbeit an allen Schulen (außer den beiden beruflichen Schulen) – Einstimmiger Kreistagsbeschluss!
- Übernahme der kommunalen Jugendarbeit für drei Kommunen – enge Vernetzung mit der Schulbezogenen Jugendsozialarbeit.
- Einrichtung des Netzwerkes Erziehungsberatung als neues und innovatives Modell.
- Einführung der sozialraumorientierten Jugendhilfe im Vogelsbergkreis – gemeinsam mit den freien Trägern (AG 78) und dem Jugendhilfeausschuss. Hierzu gab es einen einstimmigen Kreistagsbeschluss!
- Massive Ausweitung der Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes. Im Rahmen des Sozialraumprojektes gibt es eine intensive Fortbildungsreihe, die gemeinsam von den Bediensteten des Kreises und den Beschäftigten der freien Träger der Jugendhilfe besucht wird.
- Errichtung eines Neubaus auf dem Gelände der Jugend- und Freizeiteinrichtung in Landenhausen. Hier soll zukünftig – wenn auch das Bestandsgebäude saniert ist – eine Jugend- und Familienbildungsstätte entstehen.
- Einführung eines Finanz- und Fachcontrollings im Jugendamt.
- Beitritt zum Vergleichsring der Jugendämter unter dem Dach des Hessischen Landkreistages.
- Budgetierung ambulanter Hilfen.
- Pflegekinderwesen durch zusätzliche Beauftragung eines freien Trägers ausgebaut.
- Die zunächst sehr fordernde Situation mit dem Zustrom einer großen Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge wurde in Zusammenarbeit mit den freien Trägern sehr geräuschlos und ohne großes Aufsehen bewältigt.
Dies sind die wesentlichen Stichpunkte zu den Veränderungen der letzten vier Jahre im Bereich der Jugendhilfe. Wenn man bedenkt, dass die zusätzlichen präventiven Angebote und die Beauftragung des freien Trägers für das Pflegekinderwesen jeweils aus dem Budget des Jugendamtes erwirtschaftet wurden, kann sich diese Bilanz sehen lassen. Insgesamt hat das Jugendamt in den Jahren 2012 bis 2015 zusätzlich zum Ausbau der präventiven Angebote noch mit rund 2,5 Mio. Euro zur Verbesserung des Kreishaushaltes beigetragen.
Amt für Volkshochschule
Im relativ kleinen Amt für Volkshochschule wurde in den zurückliegenden vier Jahren ebenfalls sehr viel bewegt. Zu Beginn meiner Amtszeit als Dezernent für die Erwachsenenbildung konnte ich mit dem Land Hessen einen Vertrag zur Verstetigung des HessenCampus Vogelsberg aushandeln. Damit wurde das ehemalige Modellprojekt in dauerhafte Strukturen überführt, die Bildungsberatung, die Lernberatung, das Selbstlernzentrum sowie sie Koordination der Arbeit des HessenCampus Vogelsberg wurden von der VHS übernommen. Hierfür stehen jährlich rund 80.000,– Euro zur Verfügung. Zudem konnte im Rahmen der Verhandlungen mit dem Land zu HessenCampus erreicht werden, dass an den beruflichen Schulen des Kreises eine Abteilung „Schule für Erwachsene“ als Schulversuch eingerichtet wurde. Diese Abteilung ist im Kreis erforderlich, da es einen großen Bedarf gibt, Schulabschlüsse nachzuholen. Mittlerweile konnten bereits die ersten Absolventinnen und Absolventen der Schule für Erwachsene mit bestandenen Schulabschlüssen verabschiedet werden. Dies bringt den Vogelsbergkreis in Sachen der Erwachsenenbildung weit voran.
Im Kernbereich der Volkshochschule wurde das Kursangebot kontinuierlich ausgebaut, die gesetzliche Aufgabe der politischen Bildung (durch Kooperation mit Dritten und der Einführung von Webinaren) erheblich ausgeweitet. Das Qualitätsmanagement nach LQW wurde fortgeschrieben, sowie die AZAV-Zertifizierung erneut erworben. Das Berichtswesen der VHS wurde deutlich entschlackt. Seit dem Jahr 2013 gibt es anstatt eines ausführlichen schriftlichen Jahresberichtes nun eine übersichtliche tabellarische Darstellung, die die wesentlichen Infos schnell ersichtlich macht. Erfreulich ist, dass der Kreiszuschuss zur VHS durch gesteigerte Kursentgelte verringert werden konnte.
Im Bereich der Deutsch- und Integrationskurse wurden – aufgrund der sehr starken Nachfrage – vier Lehrkräfte zunächst für zwei Jahre fest eingestellt. Die Honorare der sonstigen Lehrkräfte an der VHS werden laut einem Beschluss des Kreisausschusses aufgrund meiner Vorlage zum Herbstsemester 2016/17 im Schnitt um 2,50 Euro pro Unterrichtseinheit erhöht. Damit kommt die VHS des Vogelsbergkreises ihrer sozialen Verantwortung gegenüber den freiberuflichen Lehrkräften nach.
Auf Vorschlag einiger Volkshochschulen wurde ich in den Vorstand des Hessischen Volkshochschulverbandes gewählt und konnte damit auch auf Ebene des Landes die Interessen der Erwachsenenbildung vertreten.
Amt für Schulen und Liegenschaften
Am Anfang der meiner Tätigkeit als Schul- und Liegenschaftsdezernent wurden das Schulverwaltungsamt und das Amt für Gebäudemanagement zum Amt für Schulen und Liegenschaften zusammengeführt. Dies war ein Teil der Verwaltungsreform der Koalition aus SPD, Grünen und FW.
Im Bereich des neuen Amts für Schulen und Liegenschaften gab es im Bereich der Gebäudeunterhaltung und auch der Sanierung von Gebäude einiges zu tun. So wurde die Sanierung der Schule an der Wascherde fertiggestellt. Es folgte der Bau der Vulkan-Sport-Halle Vogelsberg in Lauterbach. Daneben wurden Sanierungsplanungen für die Schulen in Schlitz und Schotten erstellt. In Schotten, wo die Schule im Bestand saniert wird und einen Ergänzungsneubau erhält, wird mittlerweile gebaut. In Schlitz hat die Sanierungsplanung ergeben, dass eine Sanierung des Altbestandes im Vergleich zu einem Neubau unwirtschaftlich wäre. Aus diesem Grund wurde entschieden, dass in Schlitz ein kompletter Neubau für die IGS errichtet wird. Diese Arbeiten starten, sobald die Sanierung in Schotten abgeschlossen ist.
Im Bereich der Verwaltungsgebäude wurde unter anderem der Altbau des Landratsames in Lauterbach energetisch saniert sowie der Sitzungssaal neugestaltet. Das Amt für Schulen und Liegenschaften hat zudem den Neubau des Speisesaals im Jugend- und Freizeitheim Landenhausen geplant, umgesetzt und die Bausauführung überwacht.
Neben diesen großen Baumaßnahmen wurden natürlich auch die laufenden Bauunterhaltungsmaßnahmen durchgeführt. So konnten zum Beispiel einige alte Toilettenanlagen an Schulen saniert werden.
Im Bereich der Schulverwaltung wurde neben vielen laufenden Verwaltungsangelegenheiten gemeinsam mit den beiden beruflichen Schulen ein Schulentwicklungsplan für die beruflichen Schulen erarbeitet, welcher in 2015 vom Kreistag mit großer Mehrheit beschlossen wurde.
Mit dem von mir veranstalteten Bildungsforum haben wir im Vogelsbergkreis erstmals breiten Raum für die Beteiligung der Schulen am Planungsprozess eingeräumt. Im Rahmen des Bildungsforums wurden wesentliche Grundlagen erarbeitet, wie die Inklusion bei gleichzeitigem Rückgang der Schülerzahlen im Kreis umgesetzt werden könnte. Eine besondere Herausforderung war die Frage, was aus den vier Schulen für Lernhilfe im Kreis werden könnte. Hier wird es in Zukunft inklusive Schulbündnisse dieser Schulen mit weiterführenden Schulen aus ihrem jeweiligen Einzugsbereich geben. Als erster Schritt in diese Richtung wird es zu räumlichen Verlagerungen kommen. Diese wurden von mir als Schuldezernent in Abstimmung mit dem Staatlichen Schulamt in Gießen im Dialog mit den betroffenen Schulen in die Wege geleitet. So wird die Erich-Kästner-Schule in Alsfeld an den Standort der Geschwister-Scholl-Schule in Alsfeld umziehen. Die Reinickendorf-Schule Lauterbach schlüpft zum kommenden Schuljahr unter das Dach der MPS Angersbach. Für die Pestalozzi-Schule Gemünden wird wohl in Homberg ein neues Domizil bei der Grund- und der Gesamtschule am Standort entstehen. Und in Schotten wird die Digmudis-Schule ihre bewährte Zusammenarbeit mit der Gesamtschule fortsetzen können.
Im Jahr 2015 habe ich mich um die Aufnahme des Vogelsbergkreises in das Landesprogramm „Pakt für den Nachmittag“ bemüht. Aufgrund der positiven Zusage des Landes können ab dem Schuljahr 2016/17 vier Grundschulen im Vogelsbergkreis von diesem Programm profitieren. Dies sind die Eichberggrundschule in Lauterbach, die Diefenbach-Grundschule in Schlitz, die Stadtschule in Alsfeld und die Grundschule in Homberg. Durch die Zusammenarbeit mit den Städten Lauterbach und Schlitz können diese ganz nebenbei im Bereich der Kinderhorte nennenswerte Einsparungen für ihre städtischen Haushalte verbuchen.
Insgesamt hat das Amt für Schulen und Liegenschaften in den Jahren 2012 bis 2015 mit rund 3,15 Mio. Euro zur Verbesserung des Kreishaushaltes beigetragen.
Abschließende Bewertung
Wenn ich auf die vier Jahre meiner Amtszeit und das in dieser Zeit Erreichte zurückblicke, dann macht mich das sehr zufrieden. Ich kann mit Fug und Recht sagen, dass ich für den Vogelsbergkreis und seine Menschen viel bewegt habe. Das war nicht immer leicht und wurde oft von der Opposition in der Presse und im Kreistag kritisiert. Dennoch ändert dies nichts an den Fakten und am dem was unterm Strich bleibt. So will die neue große Koalition vieles, was ich begonnen habe, fortführen. So steht es in deren Koalitionsvertag.
Dem zu Beginn meiner Amtszeit von der CDU wie ein Mantra vorgetragenen Argument, ein hauptamtlicher Erster Kreisbeigeordneter bringe nichts, er sei überflüssig und koste den Kreis alles in Allem rund eine Million Euro setze ich nun eine in meinem Verantwortungsbereich des Dezernates erwirtschaftete Ergebnisverbesserung für den Kreishaushalt von rund 5,7 Mio. Euro entgegen. Diese Zahl spricht denke ich für sich!
Für mich waren die Jahre in dieser verantwortungsvollen politischen Position sehr lehrreich, herausfordernd und anspruchsvoll. Ich bin froh darüber, dass ich diese Erfahrungen sammeln durfte. Für mich steht aber auch fest, dass mein Ausflug in die hauptamtliche Politik mit dem Tag meiner endgültigen Abberufung enden wird. Wie mehrfach in den Medien berichtet wurde, bin ich nicht der Typ Mensch, der repräsentiert und vieles verspricht, was er dann ggf. nicht halten kann. Ich bin der Verwaltungsmanager, der gerne anpackt, etwas bewegt und auch in die fachlichen Diskussionen mit einsteigt..
Dies ist in einem politischen Amt, wie dem des ersten Kreisbeigeordneten, unter den gegebenen Rahmenbedingungen leider so (noch nicht?) wirklich dauerhaft umsetzbar. Da ich mir und meinen Prinzipien treu bleiben möchte, endet also mein Wirken als Berufs-Politiker voraussichtlich mit Ablauf des 08. Juli 2016.
Ich möchte an dieser Stelle all denen DANKE sagen, die mich unterstützt und begleitet haben!
Herzlichst
Peter Zielinski