Freiwilligkeit:
Die Konfliktparteien müssen aus freien Stücken, das bedeutet, ohne Druck durch Dritte am Mediationsverfahren teilnehmen.
Wenn die Medianden nicht freiwillig am Mediationsverfahren teilnehmen, so widerspricht dies dem eigentlichen Sinn eines solchen konstruktiven Konfliktlösungsverfahrens. Wenn nicht alle Konfliktparteien im Auftaktgespräch erklären, dass sie freiwillig in das Mediationsverfahren gehen, kann keine Mediation durchgeführt werden.
Beispiel: Nach einem länger schwelenden Konflikt in einer kleinen Firma ruft der Firmeninhaber einen Mediator. Dieser soll zwischen den beiden Abteilungsleitern, welche seit einiger Zeit im Konflikt sind, vermitteln. Dabei droht er den beiden Abteilungsleitern personalrechtliche Folgen an, wenn diese nicht am Mediationsverfahren teilnehmen. Hier muss der Mediator diesen Tatbestand in der ersten Sitzung offen ansprechen und für das Verfahren werben. Wenn dann beide Abteilungsleiter freiwillig in ein Mediationsverfahren einwilligen, ist die Freiwilligkeit für dieses Verfahren dennoch gegeben. Sollte dies nicht der Fall sein, kommt kein Verfahren zustande.
Bereitschaft zur Suche nach einer einvernehmlichen Konfliktlösung:
Eine weitere Voraussetzung für eine Mediation ist die Bereitschaft der Konfliktparteien zur Suche nach einer gemeinsamen Lösung. Diese ist im Regelfall dann gegeben, wenn der Konflikt noch nicht allzu sehr eskaliert ist, sich noch auf einer Stufe befindet, in der man sich nicht auf das Ziel einer gegenseitigen Vernichtung zubewegt.
Im Beispielsfall der beiden Abteilungsleiter der kleinen Firma wäre dies gegeben, wenn beide noch daran interessiert wären, eine Lösung für den Konflikt zu finden, aus dem beide als Gewinner (Win-win-Situation) herausgehen können. Beide sind der Meinung, zukünftig weiterhin miteinander arbeiten zu wollen. Sollte der Konflikt schon sehr lange und intensiv ausgetragen worden sein, so dass beide nicht mehr aufeinander zugehen wollen, so wäre die Mediation nicht das geeignet Verfahren zur Beseitigung des vorliegenden Konfliktes.
Neutralität und Allparteilichkeit des Mediators:
Der Mediator muss im Verfahren stets seine Neutralität und Allparteilichkeit wahren. Er hat im Verfahren eine neutrale Stellung und verfolgt keine eignen Interessen, gibt lediglich Hilfestellung und ist nicht parteilich.
Eine Gefährdung der Neutralität und Allparteilichkeit läge dann vor, wenn der Mediator bemerkt, dass er einseitig in Richtung einer Partei arbeiten würden. Dies könnte dann gegeben sein, wenn der Mediator sich auf der Gefühlsebene eher zu einer Partei zugewandt fühlen würde. Im Falle der beiden Abteilungsleiter könnte dies geschehen, wenn der Mediator in einem jeweiligen Vier-Augen-Vorgespräch mit den Medianden Dinge erfahren hat, die ihn emotional „getriggert“ haben. Wenn der Mediator also feststellen sollte, dass er sich zu einem Medianden über die normale Sympathie- oder Antipathie-Grenze hinweg angezogen oder abgestoßen fühlt, muss er handeln: Er muss entscheiden, ob diese Umstände so tiefgreifend sind, dass er das Verfahren ggf. an einen Kollegen/eine Kollegin abgeben sollte.
Allparteilichkeit geht über die Neutralität hinaus. Der Mediator muss jedem Medianden zu jeder Zeit des Verfahrens das geben, was dieser benötigt, um im Verfahren zu bleiben. Die Medianden verfügen oft nicht über die gleichen Ressourcen. Dies kann dazu führen, dass der Mediator punktuell eine Partei etwas mehr unterstützen muss, als die andere. Wenn beispielsweise der eine Abteilungsleiter wesentlich redegewandter sein sollte als der andere, so muss der Mediator den in diesem Punkt Schwächeren durch seine Moderation unterstützten, damit dessen Themen und Argumente ebenfalls gleichberechtigt ins Verfahren einfließen können.
Eigenverantwortung und Autonomie der Medianden:
In einem Mediationsverfahren sind die Medianden für die Themen und das Ergebnis autonom und tragen dafür auch die Verantwortung. Der Mediator ist lediglich Herr über das Verfahren, er organisiert die Termine, moderiert und strukturiert die Gespräche und dokumentiert die Ergebnisse. Die Medianden sind dafür verantwortlich, welche Themen sie in der Mediation behandeln wollen. Der Mediator soll die Medianden in der Phase der Themensammlung verfahrenstechnisch durch aktives Nachfragen und andere psychologische oder kommunikative Techniken unterstützen, nicht aber selbst in das Verfahren eingreifen. Ähnlich verhält es sich in der Phase der Lösungsfindung. Auch hier sind nur die Medianden für die Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten verantwortlich. Der Mediator gestaltet nur den äußeren Rahmen.
In Bezug auf das Beispiel mit den beiden Abteilungsleitern darf der Mediator also nicht selbst Vermutungen über den Inhalt oder die Lösung des Konfliktes anstellen und diese dann ins Verfahren einbringen. Sollte dies geschehen, so würden die Konfliktparteien nicht mehr selbstbestimmt handeln und das ganze Verfahren wäre ernsthaft gefährdet. Er kann versuchen, die beiden Abteilungsleiter mit Hilfe seiner Fragetechnik auf wesentlichen Themen des Konfliktes zu fokussieren, sie anleiten, dass diese die Punkte gemeinsam und eigenständig erarbeiten.
Informiertheit:
Zu Beginn der Mediation hat der Mediator dafür zu sorgen, dass alle Beteiligten den gleichen Wissenstand haben. Sie müssen über alle wesentlichen Umstände zum Konflikt und zum Verfahren gleich informiert sein. Dies kann dadurch erreicht werden, dass entweder ein gemeinsames Auftaktgespräch stattfindet, in dem alle Alles selber mitbekommen oder im Falle von Einzelgesprächen dadurch, dass die Inhalte vom Mediator im Einvernehmen mit den Medianden zu Beginn der ersten gemeinsamen Sitzung dargestellt werden. Zur Informiertheit gehört, dass alle Parteien über alle Tatsachen informiert sind, auch über die gesetzlichen Grundlagen, die für den Konflikt relevant sind. Dies kann durch die Beratung des Mediators oder durch das Hinzuziehen von parteilichen Rechtsanwälten geschehen. Wichtig: Der Mediator (sofern er nicht selbst Rechtsanwalt ist) darf hier selbst keine Rechtsberatung vornehmen, da er sonst gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen würde. Auch wenn der Mediator Rechtsanwalt sein sollte, wäre es ratsam, die Rechtsberatung nicht selbst vorzunehme. Hierin besteht potentiell eine Gefahr für die Verletzung der Neutralität und Allparteilichkeit.
Wenn ein Mediand einen Wissensvorsprung hat, so wirkt sich dies negativ auf das Verfahren aus, da hierdurch ein Machtgefälle in Bezug auf die Informiertheit gegeben ist, welche eine Partei einseitig nutzen kann. Dies würde dann wohl zu einer nicht dauerhaft tragfähigen Abschlussvereinbarung führen. Im Falle der beiden Abteilungsleitungen wäre dies zum Beispiel dann der Fall, wenn in den Vier-Augen-Vorgesprächen der eine Abteilungsleiter dem Mediator Umstände und Hintergründe zum Konflikt berichten würde, die er im Gespräch mit dem Konfliktpartner nicht äußert und zudem dem Mediator nicht die Erlaubnis erteilt hat, diese zu veröffentlichen. Dies könnte z. B. der Umstand sein, dass bereits feststeht, dass er in einigen Monaten kündigen will.
Vertraulichkeit:
Ein Mediationsverfahren ist stets vertraulich. Alle am Verfahren Beteiligte sind zur Verschwiegenheit über die Inhalte und Erkenntnisse aus dem Verfahren verpflichtet. Den Mediator trifft zudem noch die Verpflichtung alle Informationen, welche er im vertraulichen Einzelgespräch erhalten hat, gegenüber Dritten nicht zu offenbaren. Dies bedeutet zum Beispiel, dass der Mediator die im Einzelgespräch unter dem Mantel der Verschwiegenheit erlangte Information, dass ein Abteilungsleiter die Firma in ein paar Monaten verlassen möchte, im Verfahren nicht veröffentlichen darf.
Wird die Vertraulichkeit im Mediationsverfahren verletzt, so besteht das Risiko des Verfahrensabbruchs. In der Wirtschaftsmediation können zudem noch Schadensersatzforderungen drohen.
Ergebnisoffenheit:
Damit ein Mediationsverfahren gelingen kann, sollten alle Beteiligten ergebnisoffen in das Verfahren gehen. Es nutzt nichts, wenn man ein feststehendes Ergebnis im Hinterkopf trägt, welches man unbedingt umsetzen will. Wenn Medianden nicht gewillt und in der Lage sind, nach Möglichkeiten zu suchen, durch welche die Interessen aller befriedigt werden, ist keine kooperative Konfliktlösung im Mediationsverfahren möglich. Dann wäre ein Richterspruch wohl die bessere Variante für diesen Sachverhalt.
Wahrung des Status:
Zu Beginn des Mediationsverfahrens wird ein Status Quo zum Konflikt ermittelt. Dieser darf ohne das Wissen aller Beteiligten während des Verfahrens nicht verändert werden. Bezogen auf die beiden Abteilungsleitungen aus dem Beispiel könnte dies bedeuten, dass eine Veränderung innerhalb der Firma, z.B. die Tatsache, dass einer der beiden den Bereich wechselt oder andere Befugnisse erhält, im Verfahren bekannt gemacht werden muss. Infolge dessen muss dann besprochen werden, welche Auswirkungen dies auf das Verfahren hat. Wenn die beiden Abteilungsleiter dadurch z.B. zukünftig nicht mehr zusammenarbeiten müssen, könnte für sie das Interesse am Mediationsverfahren weggefallen sein. Dann wäre das Verfahren zu beenden. Sollten die beiden jedoch ein persönliches Interesse an der Weiterführung des Verfahrens haben, so kann dieses trotz der Veränderung zum Abschluss gebracht werden.